Dieser Klimawandel! Der wird wohl das größte Problem der Menschheit in den nächsten hundert Jahren. Er ist Fakt, wird aber von den Donaldtrumps in Wirtschaft und Politik geleugnet. Und das vor allem im Westen, in den verblassenden ersten Welten Europa und Amerika.

Die Menschheit könnte lernen. Tut sie nicht. Da kann man sich die Haare raufen. Wenn man genügend Haare hat.

Die Chinesen, die an dem Klimawandel, sollte er vom Menschen verursacht sein, wohl die Hauptverantwortung tragen; die Chinesen sind da viel luizider. Und weitaus ehrlicher. Für sie ist der Klimawandel Fakt. Es ist erstaunlich wie viele Wirte der Virus der Faktenresistenz in den ach so müden westlichen Gesellschaften gefunden hat.

Man kann also bloß diskutieren, wer oder was den Klimawandel verursacht hat und weiter verursacht. Und es gibt inzwischen Klarheiten, die einem den Horror aufziehen sehen, der da kommen kann. Dagegen sind die heutigen Problem mit Migration lächerlich. 

Zur Erinnerung: In Europa gab es in den letzten 1000 Jahren eine lange andauernde Wärmeperiode, die Weinreben auch an der Elbe, in Südschweden und in Dänemark ertragreich wurzeln ließ. Die Trauben wurden richtig reif. Und der Wein war guter Wein. Diese Wärmeperiode wurde durch die so genannte kleine Eiszeit abgelöst, eine paar sich lange ziehende Jahrzehnte, die Hungersnöte und Kriege mit sich brachten. Die Menschheit könnte also lernen. Tut sie nicht. Da kann man sich die Haare raufen. Wenn man genügend Haare hat.

Bückware, auf die die Sommeliers wartet. Und zwar überall auf der Welt.

Wein im Norden Europas? Den gab es also schon vor hunderten von Jahren. Und es könnte ihn wieder geben, wenn es wärmer und wärmer wird. Jütland statt Toskana? Sicher möglich. Wir sollten uns nur kein besonders spannendes oder gar vielfältiges Terroir erwarten. Die Lust auf Wein war im Norden Europas zu Beginn der ersten ernstzunehmenden Weinkultur, jener Aquitaniens zwischen 1400 und 1600, genauso groß wie in den Südgefilden des damals noch gering kultivierten Kontinents. Im Norden braucht die Zivilisation ein paar Jahre mehr um sich hinlänglich zu entwickeln. So gibt es auch der Sauf-Trink-Bier- und Weinkultur. Als die kleine Eiszeit begann war ohnehin Schluss mit Wein.

Es wird Zeit, dass wir Weintrinker  endlich Kenntnis von den neuen Fruchtweinen erhalten.

Weil man aber die Kultur erhalten wollte, weil man das „Gepflegte“ als Distinktionsmerkmal wahrnahm, begann der Adel des Nordens sich nach Ersatz für die Weintrauben umzusehen, die sich in den Süden zurückzogen. Und sie fanden das, was sie immer schon hatten: Früchte und andere Beeren. Das alles lässt sich gut vergären. Auch daraus kann man ein alkoholisches Getränk fabrizieren, das sogar Kultur haben und diese transportieren kann. So kam der Norden Europas zum Fruchtwein. Und nur die Belgier fanden mit dem Trapistenbier ihre Art Ersatz für Wein - vor allem für Champagner.

Diese eigene Weinkultur aus Früchten und Beeren ging nicht den Weg des Weins aus Weintrauben, sie begnügte sich über Jahrhunderte mit tradierten Herstellungsmethoden. Man wurde sauberer, technischer, aber nicht unbedingt kreativer oder gar innovativ. Grund dafür war freilich auch, dass die Weintrinker des Nordens die Fruchtweine nie ernst nahmen. Früher fand ja kaum eine Flasche Wein aus dem Süden ihren Weg zum dänischen Volk. Da waren die eigenen im Land hergestellten Fruchtweine der adäquate Ersatz. Aber heute. Wo alles zu bekommen ist, was gekeltert wird? Welchen Weintrinker interessiert da noch Fruchtwein. Außer ein Glas aus Spaß. 

Die Bewegung rund um das Craftbier, die ebenfalls in Dänemark ein Epizentrum hatte, holte mit dem zur Ödnis verdammt scheinenden Gerstensaft auch die Fruchtweine aus der Nische des Minderkulturellen. Und siehe da: ein neue Nische ward geboren. Es wird Zeit, dass wir Weintrinker hier endlich Kenntnis von den neuen Fruchtweinen erhalten.

Hier fühlt sich Harald Krabbe am wohlsten: inmitten seiner Fässer feinster Kirschweine.

Vor zehn Jahren beschlossen die Dänen und Freunde Harald Krabbe, ein modern arbeitender Landwirt, Morten Brink Iwersen, ein trinkfreudiger Journalist und Jan Friis-Mikkelsen, ein renommierter Küchenchef, ein Fruchtweingut aus dem Boden zu stampfen, das sich der „Traube des Nordens“ - der Stevnsbærkirsche - widmet.

2008 wurde nach einigen Experimenten der erste Kirsebærvin auf die Flasche gezogen, der etwa bei Tanninen und dem Mineral Kalium bis dreimal mehr „Stoff“ mitbringt, als die dicksten Rotweine des Südens. 

Zunächst ist es nur die Eroberung des heimischen Marktes, in dem Kirsebærvin historisch bekannt ist und auch Bedeutung hat. Hier war er immer schon, hier bleibt er auch. Die Produktion ist erst ein paar Jahre alt und teilweise lange Reifezeiten im Fass oder im Glaskommen erst unter freiem Himmel richtig in die Gänge.

Hier reift "The next hot shit!"

Deswegen kann der Ertrag von immerhin vierzig Hektar Kirschbäumen nicht komplett auf den Markt gelangen. Aber die drei Weingutsbesitzer machen Propaganda für ihren Kirsebærvin und steuern dafür besonders die Sommeliers der feinen Restaurants an. Und zwar überall auf der Welt. Um ein neues und einzigartiges Weinprodukt zu den Weintrinkern zu bringen - ein Wein, der auch heute oft nicht als „echter Wein“ gesehen wird. 

Viel Arbeit, aber möglich. Schon aus den Überlieferungen aus den Jahrhunderten des griechischen oder römischen Weinbaus erfahren wir, dass es auch beim Uralt-Produkt Wein immer wieder Innovationen, geographische Wanderungen und ganz vielschichtige Umwälzungen gab. Und dies seit ganz langer Zeit. Bis heute. Besonders in Europa. Jetzt auch in Dänemark.

Die Schluck-Favoriten:

Frederiksdal Vintage 2013

Welch intensives Aroma!  Sauer-, aber auch dunkle reife Amarenakirsche, getrocknete Kräuter und ein Hauch von Darjeeling. Unbeschreiblich saftig, fast schon erotisch, angenehme Fruchtsüße, knackige Säure und Substanz. Die Kirschen werden für 2-4 Tage spontan vergoren, danach reift der Wein im Stahltank, bis er ein Jahr später in Flaschen abgefüllt wird. 

Rancio (ohne Jahrgang)

Nach der Gärung wird der Wein in kleine 25-Liter-Glasballons umgefüllt und ein Jahr lang im Freien in der Sonne gelagert (die Madeira-Methode). Sonne, Regen, Kälte und Wärme verleihen dem Wein ein einzigartiges Geschmacksprofil mit Noten von Sauerkirsche, Orangenschale, Feigen und Nüssen. Anschließend wird er ein Jahr in Fässern gelagert, die zuvor mit Cognac befüllt waren. Das Holz bringt dem Wein noch Geschmacksbeigaben von Gewürzkräuter, Karamell und Pfeffer.