Theresa, du stammst aus einer Weinbaufamilie. Das Thema Wein wurde dir quasi in die Wiege gelegt. Dein Vater hat beispielsweise einen Wein aus deinem Geburtsjahr aufgehoben, einen 1993er Müller-Thurgau Spätlese. Hat er sonst noch anlass- und jahrgangsbezogen Weine gesammelt?

Mein Vater hat Weine aus den Geburtsjahrgängen meiner Geschwister (1985, 1987 und 1993) zurückgelegt und Weine aus dem Jahr, in dem meine Eltern geheiratet haben. Der Rest in seinem Weinkeller stammt eher aus den letzten 15 Jahren. Um ehrlich zu sein probiert meine Familie mehr als Weine zurück zu legen. Ich versuche immer wieder ein paar Weine in den Weinkeller meiner Eltern zu bringen, weil sie dort besser aufgehoben sind als in meiner Wohnung, wenn auch nicht ganz sicher vor ihnen (lacht).

Ich weiß immer noch, mit wem ich welche Flasche getrunken habe. An Weine kann ich mich noch Jahre später erinnern.

Zu welchen Anlässen kommen diese Weine bei euch auf den Tisch?

Nur an Geburtstagen, also eher selten. Auf die anderen Weine freue ich mich dann in 10, 15 oder 20 Jahren.

Sammelst auch du Weine als Erinnerungsstücke und hebst sie für besondere Anlässe auf?

Ich sammle eher leere Flaschen als Erinnerung. Doch alle paar Monate fahr ich dann zum Altglascontainer, weil sich sonst zu viel ansammelt. Obwohl die Flaschen dann weg sind, kann ich mich immer gut daran erinnern, wann, wo und mit wem ich welchen Wein probiert oder getrunken habe. Das überrascht mich manchmal selbst, weil ich heute schon vergessen haben kann, was ich gestern Mittag gegessen habe. Doch an Weine kann ich mich noch Jahre später erinnern.

Mit Neunzehn wurdest Du Weinkönigin, was bei euch so “ein Familiending” ist. Deine Mama war es, deine Tanten waren es, deine Schwester war es, deine Cousinen. Wie kam es zu dieser Familientradition und was ist für dich und deine Familie das Schöne daran?

Alle in meiner Großfamilie haben mit Wein zu tun. Da war es irgendwie logisch, dass ich das einmal mache. Wenn ich manchmal daran zurückdenke, wie glücklich das meine Omas gemacht hat, war es das schon wert. Das klingt vielleicht ziemlich traditionell (okay, ist es auch), aber ich will die Zeit keinesfalls missen. Das Schöne daran ist allerdings, dass damit junge Frauen als Botschafterinnen für regionale bzw. deutsche Weine gewonnen werden.


Welche Rebsorten faszinieren dich in deiner Heimat besonders und warum? 

Eindeutig Tauberschwarz und Silvaner, weil sie am besten ins Taubertal passen. Markelsheim liegt im nördlichen Teil von Württemberg. Dieser Teil ist von den Böden und Rebsorten eher fränkisch geprägt. Der Muschelkalk lässt dort mineralische, eher zartgliedrige Weine wachsen. Gerade deshalb glaube ich, dass vor allem im Tauberschwarz noch ein großes Potenzial steckt.

Wein ist heute nicht mehr nur den Profis vorbehalten. Ich schätze es sehr, dass sich die Weinwelt öffnet.

Du hast Kommunikationswissenschaft im Bachelor und Master studiert und neben der Uni als Freelance Redakteurin bei VINUM gearbeitet. Was hast du aus dieser Zeit am meisten gelernt?

Mein Studium war spannend, doch auch sehr forschungslastig. Umso wichtiger waren für mich praktischen Erfahrungen, besonders in Rhetorik und Journalismus. Die Zeit bei VINUM war deshalb sehr wertvoll. Ich habe gelernt, dass es gar nicht so einfach ist, in einem Special Interest Ressort immer über dasselbe Thema, abwechslungsreich und spannend zu schreiben. Außerdem habe ich tolle Leute und Weine kennengelernt.

Wie schätzt du die heutige Medienlandschaft im Weinbereich ein? Hat sich etwas verändert, gibt es etwas das du besonders schätzt oder etwas, das Du vermisst?

In den letzten Jahren hat sich viel verändert. Ich habe das Gefühl, es sprießen hunderte Weinblogs aus dem Boden. Das Thema Wein wird sichtbarer, es hält mehr Einzug in alltägliche Bereiche. Wein ist heute nicht mehr nur den Profis vorbehalten. Ich schätze es sehr, dass sich die Weinwelt öffnet und somit auch für jeden etwas dabei ist. In meinem eigenen Freundeskreis merke ich, dass dadurch auch das Interesse an Wein wächst. Was die Inhalte betrifft, vermisse ich manchmal Themen und Stories, die über die reine Abbildung einer Weinflasche hinausgehen. Doch insgesamt denke ich, dass wir medial auf einem guten Weg sind.

Im letzten Jahr hast du deine Masterarbeit zum Thema “Neuer Wein in neuen Medien” geschrieben und kundenorientierte Onlinekommunikation in der Weinbranche untersucht. Auf welche Ergebnisse und Erkenntnisse bist du dabei gestoßen? Was sind deiner Meinung nach die goldenen Regeln des Wein-Online-Marketings der Zukunft?

In der Arbeit ging es darum, das Weintrink- bzw. Weinkaufverhalten einer Fokusgruppe zu untersuchen und mit ihrem Medienverhalten vergleichen bzw. in Einklang zu bringen. Denn nicht jeder Kanal ist für jede Zielgruppe geeignet.

Am Ende zählt, dass die Botschaften zur Person passen. Was aufgesetzt, erzwungen wirkt und nicht authentisch ist, zieht nicht.

Für manche reichen Bilder und einfache Botschaften, andere wollen einer Weinpersönlichkeit, zum Beispiel Winzer:innen und Meinungsführer:innen möglichst nahe sein. Einfach gesagt: Am Ende zählt, dass die Botschaften zur Person passen, die sie absendet. Was aufgesetzt, erzwungen wirkt und nicht authentisch ist, zieht nicht.

2019 hat es dich ins Weinland Südafrika verschlagen. Auf welchem Weingut genau hast du dort gearbeitet und was hat dich an der Arbeit dort besonders fasziniert?

Die Farm hieß Lammershoek. Sie gehörte damals Franz Beckenbauer und lag direkt neben der Weinfarm von Eben Sadie [The Sadie Family Wines]. Ich bin heute noch froh darüber, dass ich im Swartland war statt in den, sicherlich auch sehr schönen, eher touristischen Regionen um Stellenbosch und Franschhoek. Die Region ist verlassener, wilder und mystischer. Es tut sich dort gerade sehr viel in Sachen Naturwein.

Welche Weinländer und -regionen faszinieren dich darüber hinaus und warum?

Neben Südafrika aktuell am meisten Frankreich. Vor zwei Jahren habe ich einen Roadtrip durchs Burgund, die Rhône entlang bis in die Provence und zurück durchs Jura gemacht. Das würde ich gerne wiederholen, sobald es geht. Ansonsten glaube ich, dass wir vom Remstal und Großraum Stuttgart noch sehr viel hören werden, vor allem was Lemberger angeht.

Es heißt, du hegst auch eine große Leidenschaft für Wein & Food Pairings. Wo hat sich diese Leidenschaft manifestiert und was waren die ungewöhnlichsten Kombinationen die Du bisher probiert hast? Worin liegt das Geheimnis, Wein und Speisen gekonnt aufeinander abzustimmen?

Es geht darum, dass jede Person etwas Spannendes zu erzählen hat. Ich versuche, den passenden Wein für diese Person zu finden.

Auf dem Campus der Uni in Hohenheim gibt es ein Sternerestaurant, in dem ich während meines Studiums viel ausprobieren durfte. Ich glaube, darin liegt das Geheimnis. Viel ausprobieren – mehrere Weine nebeneinander zu bestimmten Gerichten verkosten und dann überlegen, welche Komponenten eine gute Kombination ergeben. Daraus kann ich dann gute Regeln ableiten. Eine Kombi, die ich sehr gerne mag, ist Trollinger zu Gerichten mit Roter Bete und luftgetrocknetem Schinken.

Für das Magazin der Süddeutschen Zeitung hast Du eine vinophile Podcast-Reihe entwickelt. Dort triffst Du Prominente auf ein Glas Wein. Nach welchen Kriterien wählst du die Gäste und die Weine aus? Und welcher Gast hat dich bisher am meisten überrascht bzw. fasziniert?

Ich pflege eine lange Liste mit Wunschgästen. Bei der Auswahl geht es mir letztlich darum, dass jede Person etwas Spannendes zu erzählen hat. Beim Wein überlege ich, was zur Persönlichkeit passen könnte. Bisher hatte ich das Glück, dass meine Wahl immer gut gepasst hat. Am meisten fasziniert hat mich Marco von Wanda, doch insgesamt waren alle Gespräche sehr besonders für mich - ob mit Gregor Gysi, Veronica Ferres oder Max Herre.

Du arbeitest seit letztem Jahr beim VDP als stellvertretende Geschäftsführerin und Kommunikationsexpertin. Ein steiler Karriereaufstieg. Wie kam es dazu? Und wie fühlt es sich an, in einem Team von Frauen zu arbeiten, in einer doch recht männerdominierten Branche?

Ich war noch mitten im Master als ich die Ausschreibung für eine Stelle im Kommunikationsmanagement beim Verband Deutscher Prädikatsweingüter entdeckte. Das hat mich sofort gereizt. Ich weiß noch, dass ich dachte: ‘Sei besser schnell, wer weiß wann es so eine Stelle wieder einmal zu besetzen gibt’ (lacht). Gemeinsam mit der Erfahrung und Energie von Hilke Nagel als Geschäftsführerin bin ich sicher, dass wir gute Impulse für die Zukunft setzen können. 


Wenn du mal nicht arbeitest, moderierst, schreibst oder mit Wein zu tun hast und entspannst, womit beschäftigst du dich? Welchen Leidenschaften gehst du nach?  

Wegfahren, meine Familie sehen, Freundinnen und Freunde treffen, Musik. Vor Kurzem habe ich mir ein neues Klavier gekauft mit der Absicht, bald wieder mehr zu spielen.

Und wie geht es in Zukunft bei dir weiter? Was willst du unbedingt erlebt, gesehen, geschmeckt und getan haben in den nächsten Jahren? Welche Träume willst du in die Realität umsetzen?

Ich glaube die letzten 12 Monate haben uns gelehrt, wieder mit kleinen Wünschen anzufangen. Aktuell wäre ich ja schon froh, endlich mal wieder auf Konzerte und Events zu gehen. Wenn ich mir allerdings einen Traum erfüllen könnte, dann irgendwann ein Buch zu schreiben oder bei einer Fernsehsendung zum Thema Wein mitzuwirken.


Das klingt doch nach einem schönen Ziel. Vielen Dank für das Gespräch, Theresa!

www.theresaolkus.com